08.02.2020
Haushaltsrede 2020


Sehr geehrter Herr Bürgermeister, 

liebe Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

„Licht und Schatten“

 

So könnte und muss man den diesjährigenHaushaltsplan aus der Sicht der Freien Wähler Fraktion überschreiben. 

Die Weltwirtschaft stottert und wirft leider auch lange Schatten auf Roding. Die Ursachen sind vielfältig. Weiterhin ungelöste politische und teils kriegerische Konflikte und Auseinandersetzungen in Nahost und in weiten Teilen der Welt, verbunden mit der dadurch ausgelösten Migrationsproblematik und vermehrte Isolationspolitik in Ost und West tragen zum derzeitigen wirtschaftlichen Abschwung entscheidend bei.

Aber auch kleine Ursachen, die ursprünglich zunächst überhaupt nichts mit der Wirtschaft zu tun haben, können enorme Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben. Die Medien sind ja derzeit voll mit Berichten über die rasante Verbreitung eines neuartigen Coronavirus. Die massiven Auswirkungen auf das gesamte Lebensumfeld in den stark betroffenen Regionen in China und anderen Staaten Asiens schlagen auch sehr schnell bei uns auf. Auch hiesige Firmen haben enge Verflechtungen und Beziehungen in die betroffenen Regionen. In diesem Zusammenhang klingt der Satz in der letztjährigen Haushaltsrede der Freien Wähler, ich zitiere: “Im Hinblick auf die Konjunktur wissen wir ja, dass ein leichter Husten in China dazu führen kann, dass auch unsere Betriebe in Roding sich gleich eine ausgewachsene Grippe einfangen“ – Zitat Ende – aktueller denn je.

In seinen Schlussfeststellungen beschreibt unser Kämmerer, Herr Zwicknagl, prägende Faktoren des Haushaltes 2020, die sich auch auf die finanzielle Situation der Stadt stark auswirken. 

Der starke Rückgang der Gewerbesteuer und die hohe Kreisumlage werfen lange Schatten auf die Finanzsituation der Stadt mit der Folge, dass bereits in diesem Jahr erhebliche Kassenkredite erforderlich sein werden. Ein zwar finanzieller Lichtblick ist in diesem Zusammenhang die erhaltene Stabilisierungshilfe in Höhe von 900.000 Euro. Diese ist jedoch an erhebliche Auflagen gebunden ist, die die freien Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten der Stadt einschränken. 

Auf die finanzielle Auswirkung, die die Errichtung eines Ganzjahresbades mit sich bringen wird, werde ich später noch näher eingehen.

Die Finanzausstattung der Kommunen ist trotz weiterhin sprudelnden Steuereinnahmen auf Bundes- und Landesebene unverändert dürftig. Obwohl immer mehr und immer kostspieligere Aufgaben auf die Kommunen zukommen, ist es bisher kaum gelungen, dafür mehr Mittel vom Staat zu erhalten. Man müsste schon ein sehr großer Optimist sein, wenn man glaubt, dass das in den nächsten Jahren besser wird. Vor allem dann, wenn die Steuereinnahmen des Bundes wieder weniger werden, weil z. B. die Arbeitslosenquote wieder ansteigt. Erste Anzeichen dazu sind vielleicht schon da. Auch im Landkreis Cham ist die Arbeitslosenquote binnen kürzester Zeit von 2,4 auf 4,4 % gestiegen (so zu lesen in derChamer Zeitung vom 31.01.2020). 

Vor diesem Hintergrund kommen erhebliche Herausforderungen auf die Stadt zu, die im Haushalt 2020 und in der Finanzplanung für die folgenden Jahre mehr oder weniger abgebildet sind. 

Der Gesamtetat 2020 ist mit knapp 40,2 Mio. Euro nur unwesentlich geringer als 2019 angesetzt. Die Investitionen sollen bei 11,75 Mio. Euro und damit knapp 14% unter dem Vorjahresniveau liegen. Die Quote ist dabei immer noch recht hoch, sie dient derpositiven Entwicklung der Stadt. 

Die Schwerpunkte sind der Ersatzbau des Kindergarten Mitterdorf, der Abschluss der Sanierungen an den Grund- und Mittelschulen Roding und Mitterdorf, die Erschließung von Bau- und Gewerbegebieten in Mitterdorf, Mitterkreith und an der Kagerstraße. Aber auch der Beginn des Hochwasserschutzausbaus in Mitterdorf ist positiv zu bewerten. 

Die Bereitstellung von optimalen Betreuungs- und Bildungseinrichtungen für unsere Kinder ist eine der wichtigsten Zukunftsinvestitionen. Nur wenn entsprechende Einrichtungen vorhanden sind, wird auch die Bevölkerung, und dies gilt vor allem auch für junge Familien, gern in Roding und seinen Ortsteilen leben und wohnen wollen. Für diese jungen Familien muss ausreichend Wohnraum und Bauland zu bezahlbaren Konditionen zur Verfügung stehen. Aber die Familien müssen auch darauf vertrauen können, dass der Charakter einer Siedlung, in der sie sich niederlassen wollen, zumindest über eine Generation erhalten bleibt. Wer sich für ein Ein- oder Zweifamilienhaus entscheidet, muss sich darauf verlassen können, dass nicht innerhalb weniger Monate oder Jahre massive Änderungen zugelassen werden. Wenn dann noch den Mitbürgern gesagt wird, dass sie den Bebauungsplan wohl nicht richtig gelesen haben oder nicht richtig lesen konnten, muss man sich nicht wundern, wenn in einem Baugebiet bereits reservierte oder schon gekaufte Grundstücke enttäuscht zurückgegeben werden und junge Familien sich anderweitig, häufig auch außerhalb unseres Gemeindegebietes einen Bauplatz suchen.Dies führt dann dazu, dass in vormals erheblich überreservierten Baugebieten plötzlich wieder Bauplätze frei sind.

Ein verdichtetes Bauen und Nachverdichtung sind zur Schonung von Ressourcen und zur Deckung des Wohnraumbedarfes sicher notwendig. Dieses muss jedoch sozial-, umwelt- und städtebaulich verträglich erfolgen. Wer ein Einfamilienhaus oder Zweifamilienhaus bauen will, möchte nicht unbedingt verdichtete oder dichte Wohnbebauung mit Mehrfamilienhäusern neben sich haben. Nicht die Gewinnmaximierung von Investoren, wie es beispielsweise in den Baugebieten in Strahlfeld und auch in der Oberen Traht offensichtlich der Fall ist,darf im Vordergrund stehen, vielmehr ist es Aufgabe der Stadt, die Voraussetzungen und Vorgaben so zu gestalten, dass für alle seine Bürger bezahlbarer Wohnraum, sei es in Form von Eigenheimen oder auch in Mehrparteiengebäuden geschaffen wird. Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang der soziale Wohnungsbau, der in den letzten Jahren in Roding erheblich zu kurz gekommen ist. Etliche Leerstände in der Stadt schlummern vor sich hin, sie könnten zumindest zum Teil dafür verwendet werden.

Zu den Kernaufgaben einer Kommune gehören u.a. die Bereit- und Sicherstellung der Infrastruktur für Wasser- und Abwasser. In Roding sind für die Versorgung mit Wasser und für die Entsorgung von Abwasser die Städtischen Betriebe Roding zuständig. Laut Haushaltsplan ist zur Finanzierung dieser Pflichtaufgaben der Kommune für 2020 eine Nettoneuverschuldung von ca. 1,5 Mio. Euro bei den Städtischen Betrieben erforderlich. Da die SBR eine hundertprozentige Tochter der Stadt ist, müssen deren Verbindlichkeiten, die mit der zusätzlichen Nettoneuverschuldung von 10 auf 11,5 Mio. Euro steigen, der Gesamtverschuldung der Stadt zugerechnet werden. Die Reduktion der Verschuldung im städtischen Kernhaushalt wird somit komplett zunichtegemacht. Die Gesamtverschuldung steigt damit sogar - trotz der eingesetzten Stabilisierungshilfe von 900.000 Euro -leicht von 31,5 auf 31,8 Mio. Euro. 

Vor diesem Hintergrund muss auch die Umsetzung und die Finanzierung des Ganzjahresbades kritisch gesehen werden. Bereits im Haushalt 2020 sind eine Million Euro für die Planungskosten angesetzt, für 2021 nochmals ca. 1,6 Mio. Euro.

Bereits am 12.12.2019 wurde laut den Ausführungen im Haushaltsentwurf seitens der Verwaltung mit einer Auftaktbesprechung in die Planung eingestiegen. 

Für die Freien Wähler ist es völlig unverständlich, warum bei einer so großen Investition, ja bei der größten Investition der Stadt Roding seit ihrem Bestehen die Vergabe von Planungsleistungen ohne Beteiligung des Stadtrates abläuft. Während der Stadtrat darüber im Ungewissen gelassen wird, weiß offensichtlich der Verein „Pro Bad“, der nach unserer Kenntnis bisher zumindest kein Gremium oder Entscheidungsgremium der Stadt darstellt, dafür mehr, wie er dies in Facebook auch bereits kundgetan hat. Auch vor dem Hintergrund, dass die ersten Planungsentwürfe für ein Ganzjahresbad mit Cabriodach bereits seit Jahren verstaubt in den Schubläden liegen und es bei planungsgleichenObjekten, die zwischenzeitlich umgesetzt wurden, erhebliche Mängel und Schwierigkeiten aufgetreten sind, wäre eine ergebnisoffene Diskussion, auch evtl. über eine Standortverlagerung des Bades und ein Wettbewerb zur sinnvollen Gestaltung dringendst notwendig gewesen. Die Rodinger Bürger haben im Bürgerentscheid auch nicht für ein altes Konzept mit Cabriodach gestimmt, sondern sich allgemein für ein Ganzjahresbad entschieden. Den Zeitfaktor bzw. das Argument, dass dringender Handlungsbedarf besteht, können wir nicht gelten lassen bzw. ist sogar ad Absurdum geführt, nachdem weder 2019 etwas Größeres passiert ist und auch in den Jahren 2020 und 2021 das Freibad nach kleineren Reparaturen ganz normal geöffnet werden soll.

Warum Sie, Herr Bürgermeister, ca. ein halbes Jahr vor Ende Ihrer Amtszeit im Hauruckverfahren die Entscheidung für ein Ganzjahresbad herbeiführen wollten, ist für uns Freie Wähler nicht nachvollziehbar. Sie bürden Ihrer Nachfolgerin oder Ihrem Nachfolger und dem neuen Stadtrat nicht nur finanzielle, sondern auch bauliche Zwänge auf, die diese vielleicht anders gelöst hätten.

Bei kalkulierten Investitionskosten von knapp 16 Mio. Euro für die Stadt, ist eine Einbeziehung des Stadtrats in jede Entscheidungs- und Maßnahmenstufe aus unserer Sicht unumgänglich. Vor dem Hintergrund der hohen Gesamtverschuldung der Stadt von knapp 32 Mio. Euro und der Gefahr des Einbruchs der Einnahmen und auch der immer bestehenden Gefahr einer erheblichen Kostensteigerung müssen seitens des Stadtrates rechtzeitig Entscheidungen getroffen und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. Die Gefahr von erheblichen Kostensteigerungen schwebt immer über Projekte dieser Größenordnung, insbesondere bei vielleicht nicht optimaler Planung und bei mit spitzer Feder gerechneter Finanzierung. Erinnert sei hier beispielhaft nur an die Kostenvervielfachung beim Pausenhof in der Grund- und Mittelschule in Roding.

Wenn aber die Kosten erst einmal aus dem Ruder laufen oder aus dem Ruder gelaufen sind, ist überJahre hinweg mit einer starken Einschränkung der gestalterischen Freiheit der Stadt zu rechnen. Dann nämlich schreiben uns die Aufsichtsbehörden vor, wie nur zu gut aus anderen Städten des Landkreises bekannt, was wir noch tun dürfen und was nicht. 

Der Haushalt 2020 sieht eine Rückführung der Verbindlichkeiten im Bereich der Stadt ohne städtische Betriebe in Höhe von ca. 1,08 Mio. Euro vor, die jedoch einerseits durch Verschiebung und Streckung von Investitionen erkauft werden mussteund andererseits durch die bereits erwähnte Nettokreditaufnahme bei den Städtischen Betrieben mehr als zunichtegemacht wird. 

Beim Vergleich derMehrjahresinvestitionsprogramme in den Haushalten 2019 und 2020 fällt beispielsweise auf, dass Investitionen in Feuerwehrfahrzeuge und Feuerwehrausrüstungen in Obertrübenbach und Roding von 2020 auf 2021 verschoben bzw. sogar reduziert werden. Gleiches gilt für die EDV-Ausstattung der Grund- und Mittelschule Roding. Die Gemeindestraßenunterhaltung wird ebenfalls gestreckt, dringend notwendige Straßensanierungen z. B. in der Buchbergerstraße sowie die Straßenausbaumaßnahmen des Kammermooswegesund der Weiherhausstraße im Industriegebiet Altenkreith werden ebenfalls nach hinten geschoben. Selbst Investitionen für den Hochwasserschutz Mitterdorf einschließlich des Brückenschlages verschieben sich im Vergleich der beiden Haushaltsentwürfe nach hinten.

Neben der Gefahr eines Investitionsstaus in den kommenden Jahren mit erheblichen Belastungen für die Stadthaushalte im Bereich der Pflichtaufgaben, steht dann auch die Frage im Raum, wie der geplante Bau des Ganzjahresbades für den ja der Großteil der Kosten erst ab bzw. nach 2022 anfallen, finanziert werden soll, bzw. wie verlässlich und belastbar der Finanzierungsplan überhaupt ist. 

 

In der Zusammenfassung ist daher festzustellen, dass der Haushalt 2020 durchaus Licht, aber auch vieleSchattenseiten aufweist.

Positiv ist die weiterhin hohe Investitionsquote in Summe von 11,8 Mio. Euro anzumerken. Wichtige, zukunftsweisende Projekte werden hier angegangen. Der Hochwasserschutz in Mitterdorf in Verbindung mit der Stadtsanierung. Investitionen in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen. Zur positiven Stadtentwicklung tragen auch die Ausweisung und Erschließung von Bau- und Gewerbegebieten bei. Nicht zuletzt sind auch die weiterhin hohenfreiwilligen Leistungen an Vereine und Einrichtungen als vorbildlich und positiv anzusehen.

Schatten, und das nicht zu kurze, wirft jedoch die unsichere Entwicklung der Einnahmen, insbesondere im Bereich der Gewerbesteuer auf den Haushalt 2020. Die finanzielle Situation im Gesamtkonzern Roding hat sich, trotz noch bestehender Schuldenbremse und einer Stabilisierungshilfe in Höhe von 900.000 Euro nicht gebessert, die Gesamtschuldenlasten steigen sogar von 31,5 auf 31,8 Mio. Euro.

Der zum Teil durch Investitionsstreckungen und Verschiebungen erkaufte, positive Abschluss für 2020 unter Einhaltung der Schuldenbremse birgt die Gefahr eines Investitionsstaus bei Pflichtaufgaben in den nächsten Jahren und das noch in einer Zeit, in der auch sehr hohe Ausgaben für das Ganzjahresbad anfallen.

 

Somit weist der Haushalt 2020 ganz erheblich Risiken auf, deren Kontrolle, deren Steuerung und deren Minimierung eines der wichtigsten Aufgaben des neuen Stadtrates und des neuen Stadtoberhauptes sein muss.

 

Zum Schluss dieser Ausführungen möchte die Freie Wähler Fraktion der Stadtverwaltung, insbesondere unserem Kämmerer Herrn Zwicknagl und seinen Mitarbeitern für die detaillierte Ausarbeitung des Haushalts 2020 danken. Unser Dank gilt Herrn Zwicknagl auch für die ausführliche Erläuterung des Zahlenwerkes bei der Fraktionsbesprechung und für die Ratschläge und Auskünfte bei Fragen und Anliegen das ganze Jahr über.

 

Die Fraktion der Freien Wähler wird dem Haushalt 2020 nach sorgfältiger Abwägung und trotz der oben genannten, erheblichen Bedenken, aber auch unter dem Vorbehalt, dass die Vergabe von Planungsleistungen für das Ganzjahresbadrechtmäßig ist, zustimmen.

 

Vielen Dank.

 

Roding, 06.02.2020

 

Dr. Reinhold Schoierer

Fraktion der Freien Wähler